ZDF frontal21

Verschwörungstheorien: AfD-Stadtrat verbreitet Antisemitismus

Der AfD-Politiker Donatus Schmidt aus Halle verbreitet in einem Video antisemitische Verschwörungstheorien. Er verteidigt sich: Die Aussagen seien im Konjunktiv geäußert worden.

Der AfD-Politiker Donatus Schmidt hat antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet. Das belegt ein Video, das dem ZDF-Magazin Frontal21 vorliegt. Schmidt ist Stadtrat in Halle, wo ein Rechtsextremist im Oktober versucht hatte, einen Anschlag auf eine Synagoge zu verüben und anschließend zwei Passanten getötet hat. Der Landesvorstand der Partei in Sachsen-Anhalt gibt an, er verurteile „antisemitische Verschwörungstheorien aufs Schärfste“ und kündigte an, die Vorwürfe zu prüfen. Doch Schmidts Äußerungen in diesem Fall sind nicht seine einzige Entgleisung.

In dem 44-minütigen Video äußert sich der Lokalpolitiker zum 11. September 2001. Seine Behauptung: Juden, die im World Trade Center gearbeitet hätten, seien vor dem Anschlag davor gewarnt worden, zur Arbeit zu gehen. Auch seien beide Weltkriege auf dieselbe finanzstarke Macht im Hintergrund zurückzuführen. „Man muss nur sehen: Woher kommt das Geld? Woher kommt die Macht? Woher kommt die Steuerung?“

Schmidt: Antisemitismus sei ihm „wesensfremd“

Indem Schmidt die Weltkriege und den 11. September in dieser Form miteinander verbinde, stelle er sie als Teil einer jüdischen Weltverschwörung dar, erklärt der Rechtsextremismus-Experte Jan Rathje von der Amadeu-Antonio-Stiftung. „Die Aussagen auf dem Treffen sind in diesem Sinne als antisemitisch zu werten.“

Das ZDF hat den AfD-Stadtrat hiermit konfrontiert. Schmidt gibt an, nichts Derartiges verbreitet zu haben, Antisemitismus sei ihm wesensfremd. „Diese Äußerungen sind lediglich im Kontext der Gesprächsrunde von mir im Konjunktiv geäußert worden und stellen keine Tatsachenbehauptung dar“, teilte er schriftlich mit.

Das Video widerlegt das. So ist zu hören, wie Schmidt sagt: Sollten doch vereinzelte Juden im World Trade Center gestorben sein, „hat man einfach ein paar über die Klinge springen lassen, um die Statistik nicht allzu auffällig zu gestalten.“

Am Ende fällt sein Vorname

Gegenüber dem Kreisvorstand der AfD habe Schmidt sich von den Aussagen distanziert, so Martin Reichardt, Vorsitzender des Landesverbands Sachsen-Anhalt. Ihm selbst liege das Video nicht vor. „Sollten die von Ihnen zitierten Aussagen zutreffen, stellen wir fest, dass die Aussagen keinesfalls Parteilinie sind“, schreibt er in einer Email an das ZDF-Magazin. Auf seiner nächsten Sitzung werde sich der Landesvorstand mit dem Fall befassen.

Das im August 2016 bei YouTube veröffentlichte Video war bis vor Kurzem abrufbar, der Name des mutmaßlichen Kanalbetreibers ist der Redaktion Frontal21 bekannt. Schmidt ist nur verpixelt zu sehen – warum, ist unklar. Doch am Ende seiner Rede nennt jemand seinen Vornamen: Donatus. Die Aufnahme stammt von einem Treffen des „Menschenrechtstammtischs Halle“. AfD-Stadtrat Schmidt streitet nicht ab, an diesem teilgenommen zu haben.

Ideologie der Neuen Rechten

Auch der Attentäter von Halle schien an eine jüdische Weltverschwörung zu glauben. Mit dieser Propaganda werde ein Untergangsszenario ausgemalt, sagt Politikwissenschaftler Rathje. „Wenn man sich solchen Verschwörungserzählungen aussetzt, entsteht ein gewisser Handlungsdruck.“

Schmidt verurteilte den Anschlag auf die Synagoge in einem Post bei Facebook. Katja Pähle bezeichnet das als den „Versuch, Betroffenheit zu heucheln“. Vor rund zwei Wochen hatte die SPD-Politikerin das Video im Landtag angesprochen.

Donatus Schmidt tritt seit Jahren immer wieder einschlägig in Erscheinung. Er war Redner bei den sogenannten Montagsdemos in Halle, gemeinsam mit dem Rechtsradikalen Sven Liebich. 2015 behauptete Schmidt dort, die deutsche „Urbevölkerung“ würde „ausgerottet“. Der Mythos entspricht dem sogenannten „Großen Austausch“, einer Ideologie der Neuen Rechten. Im vergangenen Monat nahm der AfD-Stadtrat dann an einer rechtsradikalen Demonstration in Berlin teil.

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